Verluste durch steigende Kapitalmarkzinsen
Es müssen nicht unbedingt Anleihen von Lehman sein, um ein kleines Vermögen zu machen, wenn man vorher ein großes hatte. Auch mit Bundesanleihen kann man Geld verlieren, wenn die Kapitalmarktzinsen steigen.
Zunächst einmal einiges zu Anleihen mit einem festen Zins: Anleihen haben einen Nominalwert, z.B. 1000 Euro – dieser Betrag würde auf dem Wertpa¬pier stehen, wenn Bundesanleihen noch effektiv als gedrucktes Wertpapier geben würde (bei Bundesanleihen existieren keine gedruckten Wertpapiere mehr, man hat Wertrechte, die eine Forderung gegen den Bund verkörpern).
Diesen Betrag erhält man i.d.R bei Fälligkeit zurück und er ist auch Basis für die Zinsen, die man erhält. Damit kommen wir zu einer weiteren wichtigen Größe, dem Nominalzins, der auf der Bundesanleihe aufgedruckt wäre, wenn es eine Bundesanleihe noch als gedrucktes Wertpapier geben würde. 2009 wurde z.B. eine Bundesanleihe mit einer Laufzeit von 10 Jahren und einem Nominalzins von 3,5% mit folgenden Daten ausgegeben.
Bundesanleihen
Bei dieser Anleihe, die man durch die eine Nummer (DE0001135382) , die sogenannte ISIN, genau kennzeichnen kann, erhalten die Anleger einmal im Jahr, und zwar jeweils am 4.7. von 2010 bis 2019 (das sind zehn Zahlungen) nachträglich für das abgelaufene Jahr 3,5% Zinsen vom angelegten Nominalwert, bei 1.000 Euro wären das 35,- Euro pro Jahr. Damit sind bis auf die 24.000.000.000 alle Zahlen in der obigen Zahlen- und Buchstabenreihe schon erklärt – bei den 24 Milliarden geht es um den Gesamtbetrag an Euro, den sich hier der Finanzminister da Mitte des Jahres 2009 für zehn Jahre geliehen hat, der uns aber für die weiteren Betrachtungen nicht mehr interessieren muss.Inzwischen bekommt man, wenn man diese heute Anleihe verkauft (denn bei Anleihen kann man jederzeit über die Börse aussteigen), statt der 1.000 Euro beim Verkauf ca. 1040 Euro, also statt 100% des Nominalwertes ca. 104%.
Das hängt damit zusammen, dass heute die Kapitalmarktzinsen beim Kauf einer Anleihe mit der entsprechenden Restlaufzeit mit ca. 3,05% nur knapp über 3% liegen und man den Vorteil des ca. einen halben Prozentes höheren Nominalzinsen vom Käufer dieser Anleihe vergütet bekommt.
Wer also heute hier aussteigt, für den war der Kauf in 2009 kein schlechtes Geschäft, denn er hat mit den eingesetzten 1000 Euro nicht nur 35,- Euro Zinsen kassiert, sondern auch noch 40,- Kursgewinne gemacht.Der heutige Käufer muss allerdings 104% von 1.000 Euro bezahlen = ca. 1040 Euro.
Trotzdem bekommt er für diese investierten 1.040 Euro nur die 3,5% (Nominalzins) von 1.000 Euro (Nominalwert) = 35 Euro pro Jahr und verliert in nächsten neun Jahren Restlaufzeit außerdem 40 Euro, da er nur 1.000 Euro, den Nominalbetrag zurückbezahlt bekommt. Das reduziert seine wirkliche Verzinsung, die man als Effektivverzinsung oder Rendite bezeichnet, auf etwas mehr als 3%.Wer diese Anleihe jetzt kauft, ist daher vermutlich in einem Jahr arm dran, denn sollten die Kapitalmarktzinsen steigen, was sehr wahrscheinlich ist, fallen die Kurse, die momentan bei 105% liegen. Sollten die Kapitalmarktzinsen z.B. auch nur auf 4% steigen, wird der Kurs in etwa auf 96% fallen.
Denn wenn man 4% für neue Anleihen mit gleicher Laufzeit bekommt, wird man für eine Anleihe, die dann in den nächsten Jahren nur 3,5% Zinsen bringt, weniger als 100% bekommen. Somit macht ein Käufer, der heute für 105% kauft und in einem Jahr mit 96% aussteigt, ein schlechtes Geschäft – sein Kursverlust wird bei weitem nicht durch die Zinsen, die er in dem Jahr erhält, ausgeglichen. Eine sehr niedrig verzinste Anlage auf einem Geldmarktkonto oder einer ähnlichen Alternative wäre sicher die bessere Anlage gewesen.
Kursverluste durch Bundesanleihen und Kapitalmarkzinsen
Manche Schlauberger werden jetzt argumentieren, dass sie auf Kursverluste nicht achten müssten, weil sie Anleihen wären der gesamten Laufzeit durchzuhalten gedenken. Auch das ist eine Milchmädchenrechung, wie das folgende Beispiel zeigt: Ein Anleger kauft heute z.B. eine 10-jährige Anleihe mit einem Zins von 3,25% und einem Ausgabekurskurs von 100%.
Des Weiteren wollen wir annehmen, dass bis nächstes Jahr die Kapitalmarktzinsen in dem angesprochenen Laufzeitbereich um 1% auf 4,25% steigen.
Ein Anleger, der heute die 3,25% Anleihe kauft, erhält 10 mal 3,25% Zinsen = 32,5%. Legt der Anleger dagegen sein Geld heute in einer jederzeit verfügbaren Anlage für 0,5% an und kassiert dann ab nächsten Jahr die restlichen 9 Jahre 4,25% ergeben sich 0,50% plus 9 mal 4,25 = insgesamt für die zehn Jahre 38,75%.
Das Fazit für den Anleger kann momentan wie immer in Niedrigzinsphasen also nur lauten:
Flexibel bleiben und jederzeit bzw. schnell verfügbare Anlagen wählen, die keine Kursver¬luste bringen. Mit lang laufenden Bundesanleihen oder anderen lang laufenden Anleihen kann man zurzeit, wie unsere Beispiele zeigen, im Vergleich zu Alternativen viel Geld verlieren.
Auch wenn man für flexible Anlagen momentan kaum Zinsen kassiert, fährt man mit ihnen besser, wenn – wovon auszugehen ist – das Zinsniveau wieder steigt.